
Neue SWP-Studie zu Wahlen in Subsahara Afrika
Vor kurzem hat die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) aus Berlin eine neues Papier mit dem Titel „Wahlen in Subsahara Afrika: Fluch oder Segen“ veröffentlicht, auf das ich an dieser Stelle gerne hinweisen will. Die Studie untersucht Wahlen in Subasahara Afrika auf ihre möglichen demokratiefördernen oder aber gewaltauslösenden Wirkungen. Sie stellt klar, dass die Wirkung von Wahlen immer kontextabhängig ist; so ist beispielsweise die Kontinuität von Wahlen von goßer Bedeutung.
„Naturgemäß sind für Länder, die nach einem Militärputsch oder einem Friedensvertrag erstmals Wahlen durchgeführt haben, noch keine Muster erkennbar. […] Die zweiten Wahlen in Folge nach einer Übergangsphase gelten gemeinhin als besonders kritisch und richtungsweisend.“
Bei Ländern, die mindestens drei Wahlen in Folge durchgeführt haben, listet die Studie drei verschiedene Entwicklungslinien auf, die insbesondere auf die Qualität der Wahlen zurückzuführen sind:
„In einer Gruppe von Staaten finden Wahlen nicht nur in regelmäßigen Abständen, sondern auch unter Wahlung grundlegender Standards statt, selbst wenn es einige Abweichungen gibt. Grundsätzlich zeichnen sich diese Wahlen durch einen positiven Status quo bei der Qualität von Wahlen aus oder durch weitgehende positive Trends. […] Gemeinsam ist den Ländern, dass praktisch keine wahlbezogenen Gewalt zu verzeichnen war. […] In einer zweiten Gruppe von Staaten mit Wahlkontinuität war dagegen bei der Qualität von Wahlen ein anhaltend negativer Status quo oder ein negativer Trend auszuachen. […] In dieser Ländergruppe entfahlten Wahlen kaum eine positive Ausstrahlung: vielmehr zementieren sie die bestehenden Verhältnisse und fördern die politische Fragmentierung.“
Die letzte Ländergruppe betrifft Staaten, bei denen es trotz qualitativ gutem Status quo oder einem positiven Trend zu wahlbezogener Gewalt kommt. Diese Kategorie betrifft nur wenige Länder, die Studie nennt hier lediglich Benin und Nigeria als einzige Beispiele.Die Ergebnisse der Studie sind insgesamt nicht unbedingt alle neu, werden in dem Papier aber gut zusammengefasst und wer sich für Wahlen in Afrika interessiert, dem kann ich die Studie im Ganzen wärmstens empfehlen. Hier will ich lediglich noch zwei Aspekte ansprechen, die ich im Zusammenhang mit der Studie besonders interessant finde.
Zum einen bestätigt die Studie die Theorie meiner Masterarbeit, wonach der Bürgerkrieg in der Côte d’Ivoire durch das Friedensabkommen 2007 lediglich eingefroren wurde und die Wahlen nur eine Weiterführung des Konflikt mit den selben Personen, denselben politischen Allianzen und den selben bewaffneten Gruppen darstellten. Die gewaltsame Auseinandersetzung wurde also nicht durch die Wahlen an sich ausgelöst, sondern waren vielmehr der unvollständigen und nicht nachhaltigen Beendigung des Bürgerkriegs geschuldet.
Zum anderen sind einige in der Studie angesprochenen Aspekte im Hinblick auf die bevorstehenden Parlamentswaheln in Guinea sehr interessant. So stellt die Studie beispielsweise fest:
„Generell trat wahlbezogene Gewalt zwischen 2010 und 2012 nur im Zusammenhang mit Präsidentschaftswahlen auf (die in einigen Fällen mit Parlamentswahlen gekoppelt waren). Niemals dagegen verschlechterte sich die Sicherheitslage bei seperat durchgeführten Parlamentswahlen.“
Ob sich diese Tendenz wohl weiter fortsetzt? Guinea scheint derzeit eher das Gegenteil zu beweisen; schon jetzt kommt es regelmäßig zu in Gewalt ausartenden Protesten der Opposition, die sich gegen die Durchführung der Parlamentswahlen am 30. Juni richten. Sollten die Wahlen tatsächlich wie angekündigt durchgeführt werden, scheint es eher wahrscheinlich, dass sich die Gewalt dadurch noch intensiviert. Außerdem stellt die Sudie fest, dass Wahlboykotte immer seltener auftreteten, und wenn, dann hauptsächlich in Ländern wo es noch keine Kontinuität von Wahlen gibt. Dies trifft auf Guinea zu. Interessant wird es aber, wenn man sich auch noch die Erklärung für Boykotte ansieht:
„Grundsätzlich drückt ein solcher Boykott aus, dass sich die jeweilige Opposition als weitgehend chancenlos sieht.“
Ist das in Guinea wirklich der Fall? Die Opposition hat in Guinea eigentlich eine solide Basis; die knappen Ergebnisse bei den Präsidentschaftswahlen 2010 sind ein Indiz dafür. Also befürchtet die Opposition vielmehr, dass die Wahlen von der Regierung so manipuliert werden können, dass die Opposition chancenlos bleibt? Auf diese Angst lässt zumindest die Rethorik der Opposition schließen. Aber ist diese Angst wirklich begründet? Es ist schade, dass die Freedom-House-Index für 2013 noch nicht vorliegt, denn, laut Studie, trifft ein Wahlbykott oft auch mit einem schlechten Wert bei den politischen Freiheitsrechte zusammen.
In diesem Sinne ist die Studie eine gute Analyse der Wahlen in den vergangen Jahren, insbesondere des Zeitraums von 2010 – 2012; ob sich die gemachten Beobachtungen und Kategorisierungen auch in Zukunft zutreffen werden, wird sich erst mit der Zeit – und auch im Hinblick auf die Wahlen in Guinea – herausstellen.