
Côte d’Ivoire: Regierung kündigt Auslieferung von Charles Blé Goudé an den IStGH an
Die ivorische Regierung kündigte am heutigen Donnerstag, den 20. März an, den als „General der Straße“ bekannt gewordenen, ehemaligen Führer der Miliz „Jeunes Patriotes“, Charles Blé Goudé, an den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag auszuliefern. Blé Goudé wird seit seiner Festnahme in Ghana im Januar 2011 ohne Anklage und mit nur eingeschränktem Zugang zu seinen Anwälten und seiner Familie an einem unbekannten Ort im Norden der Côte d’Ivoire festgehalten. Im Oktober 2013 wurde ein schon zuvor vom IStGH ausgestellter Haftbefehl gegen Blé Goudé öffentlich, der ihm Beihilfe zum Mord, Vergewaltigung sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit während der Unruhen nach der Präsidentschaftswahl 2010/2011 vorwirft.
Am 3. März hat der IStGH einen Antrag der ivorischen Regierung, die Frist der Auslieferung von Blé Goudé um drei Monate zu verschieben um den im Land gegen ihn laufenden Gerichtsprozess zu Ende führen zu können, abgelehnt. Die Regierung hatte sich bisher geweigert, Charles Blé Goudé ebenso wie die Ehefrau des ehemaligen Präsidenten, Simone Gbagbo, gegen die ebenfalls ein Haftbefehl des IStGH vorliegt, nach Den Haag auszuliefern.
Dass die Regierung der Auslieferung nun zugestimmt hat, könnte auch an der Auseinandersetzung um die Haftbedingungen von Blé Goudé liegen. Die ivorische Regierung steht wegen der Art der Inhaftierung schon lange in der Kritik von Opposition und Menschenrechtsorganisationen. Nun wurden Anfang März auch noch Bilder von Blé Goudé auf Facebook veröffentlicht, die ihn mit nacktem Oberkörper und dichtem Bart in einer tristen Gemeinschaftszelle zeigen. Die Echtheit der Bilder wurde von Seiten der Regierung nicht bestritten, jedoch blieben Datum und Ort der Aufnahmen unbekannt. Veröffentlicht wurden die Bilder von dem Journalisten Philippe Kouhon, dem sie einige Tage zuvor zugespielt wurden. Die Regierung kritisierte die Publikation der Bilder und veröffentlichte kurz darauf ihrerseits Aufnahmen von Blé Goudé, auf denen er rasiert, lachend und in bester Verfassung in einem Zimmer mit Fernseher gezeigt wird. Laut Regierungsangaben sind dies aktuellere Bilder von Blé Goudé, doch auch hier gab es keinen Nachweis des genauen Aufnahmedatums. Kritiker der Regierung bezeichneten die Aufnahmen als „gestellt“.
Die Auslieferung von Charles Blé Goudé wird die Fronten zwischen Regierung und Opposition, insbesondere der ehemaligen Gbagbopartei FPI, mit Sicherheit weiter verhärten. Die FPI gewann in den letzten Monaten politisch wieder an Stärke und greift die Ouattara-Regierung offen an. Erst heute rief der Vorsitzende der FPI, Pascal Affi N’Guessan, die Bevölkerung dazu auf, den diese Woche gestarteten Zensus zu boykottieren. Möglicherweise versucht die Regierung Ouattara mit der Auslieferung Blé Goudés der FPI in der Auseinandersetzung seinerseits ihre Stärke zu demonstrieren.
Mit Blé Goudé wird sich nun neben Laurent Gbagbo selbst ein weiteres Mitglied der Gbagbo-Seite vor dem IStGH verantworten müssen. Zur Auslieferung von Simone Gbagbo an den IStGH äußerte sich die Regierung bisher nicht. Viele kritisieren dieses einseitige Vorgehen des Gerichts, denn auch Anhänger des jetzigen Präsidenten Alassanne Ouattara verübten erwiesenermaßen Gräueltaten. Von ihnen wurde jedoch bisher niemand zur Verantwortung gezogen. Es ist natürlich möglich, dass auch gegen Unterstützer von Ouattara Haftbefehle des IStGH vorliegen, die aber aufgrund der politischen Situation noch nicht veröffentlicht wurden.