Volksaufstand, Putsch und Verwirrung in Burkina Faso

Volksaufstand, Putsch und Verwirrung in Burkina Faso

Die Spannungen und die Unzufriedenheit, die sich in den letzten zwei Jahren in Burkina Faso immer mehr aufgestaut hatten, haben sich diese Woche entladen: Am Donnerstag gingen Hunderttausende von Burkinabé auf die Straße, brannten das Parlament und andere Regierungsgebäude nieder, besetzten das Gebäude des Staatsfernsehens und forderten  Lautstark den Rücktritt von Präsident Blaise  Compaoré.

Anlass der Proteste war, wie schon bei der Vielzahl an Protesten im letzten Jahr, der Versuch Compaorés, auch über 2015 hinaus das Land zu regieren und seine 27-jährige Amtszeit nochmals zu verlängern. Konkret sollte das Parlament am Donnerstag über ein Referendum abstimmen, das es Compaoré erlauben sollte die Verfassung zu ändern und 2015 nochmals als Präsidentschaftskandidat antreten zu dürfen.

Doch zu dieser Abstimmung kam es nie: eine nie da gewesene Menge an Demonstranten versammelten sich im Stadtzentrum der Hauptstadt Ouagadougou und setzten das Parlament in Brand. Dann marschierten sie auf den Präsidentenpalast Kosyam.

Am Abend verkündete Compaoré den Ausnahmezustand und verlas ein Statement, in dem er verkündete die Regierung aufgelöst zu haben und nun eine 12-monatige Übergangszeit bis zu den nächsten Wahlen einzuleiten. Damit versuchte Compaoré wohl, seine altbekannte Taktik anzuwenden: Aussitzen. Schon während der Meuterei 2011 und den Massenprotesten nach dem Tod des Journalisten Norbert Zongo 1998 hatte sich diese Taktik für ihn gut bewährt. Doch nicht dieses Mal. Am Freitag Morgen gingen die Proteste weiter, und gegen Mittag erklärte das Militär, der Posten des Staatschefs sei nun vakant. Wenig später erklärte Compaoré selbst seinen Rücktritt. Inzwischen scheint er nach Yamassoukrou in der benachbarten Côte d’Ivoire geflohen zu sein.

Tweet_Blaise

Nun scheint das Militär, das Donnerstags zuerst auf die Seite der Demonstranten übergelaufen schien, Abends dann wieder die Linie Compaorés stützte um sich Freitag Mittag dann wieder gegen ihn zu wenden, die Macht im Land an sich gerissen haben. Doch auch die Armee scheint nicht geschlossen zu agieren.

Freitag Abend verkündete Armeechef Nabéré Honoré Traoré, ein guter Freund Compaorés, dass das Militär nun an der Macht sei und in einer 90-tägigen Übergangszeit Wahlen zu organisieren. Doch am Samstag morgen erklärte ein anderer Militärangehöriger, der stellvertretende Führer der Präsidialgarde Colonel Isaac Zida, die Behauptung Traorés sei überholt und er selbst stünde nun an der Staatspitze und würde eine Übergangszeit anführen, deren Dauer erst noch zu bestimmen sei.

Die Opposition und Zivilgesellschaft riefen in den letzten Tagen gleichzeitig laut nach Kouame Lougué, einen bereits pensionierten ehemaligen Verteidigungsminister und guten Freund von Thomas Sankara, der von Compaoré 1987 weggeputscht wurde. Derzeit scheinen Vertreter der Bewegung „Balaie Citoyen“ sich jedoch in Gesprächen mit Zida zu befinden. Die Stadt ist derweil schon wieder am aufräumen.

AufraeumenOuaga

Die Lage in Burkina Faso ist derzeit unübersichtlich und die Machtverhältnisse sind noch keinesfalls geklärt. Die Vertreibung von Compaoré aus seinem Amt ist eine große Leistung der burkinischen Bevölkerung, die nach 27 Jahren endlich genug zu haben scheint und einen Wandel im Land einleiten will. Wichtig ist nun, dass sich die Zivilgesellschaft diese bisher friedliche Revolution nicht von den Militärs aus der Hand nehmen lässt. Die Situation bleibt spannend und die nächsten Tage werden entscheidend für die Zukunft des Landes sein.

UPDATE 16:30 Uhr: Die Armee steht nun anscheinend geschlossen hinter Isaak Zida. Dieser soll während der Übergangszeit an der Spitze des Staates stehen.

Die aktuellen Ereignisse in Burkina Faso können auf Twitter unter dem Hashtag #Iwili mitverfolgt werden – und natürlich auch hier auf diesem Blog.