
Côte d’Ivoire: Wahlkampf und Bewegung in der Parteienlandschaft
Zwei Monate sind es noch bis zur ersten Runde der Präsidentschaftswahlen am 25. Oktober. Während sich die Kandidaten in Stellung bringen, sorgen Unzufriedenheiten, interne Differenzen und neue Bündnisse für eine neue Dynamik und Unruhe in der etablierte Parteienlandschaft.
Favorit der Präsidentschaftswahlen ist natürlich der Amtsinhaber, Präsident Alassane Ouattara. Er hat mit Sicherheit alle Vorteile eines Amtsinhabers, die Ressourcen und den Einfluss, um wiedergewählt zu werden. Er ist wie bereits bei den letzten Wahlen Kandidat des Regierungsbündnisses RHDP, dem insbesondere Ouattara’s Partei RDR sowie der Koalitionspartner PDCI (unter Führung von Henri Konan Bédié) angehören. Ouattara kann als Erfolg seiner ersten Amtszeit insbesondere ein starkes Wirtschaftswachstum und die Rückkehr von Investoren verzeichnen. Allerdings wird von seinen Gegnern scharf kritisiert, dass dieses Wachstum nicht der breiten Bevölkerung zugute kommt, die immer noch mit hohen Lebenshaltungskosten und hoher Arbeitslosigkeit zu kämpfen hat. Auch hat die Regierung Ouattara kaum Fortschritte bei der nationalen Versöhnung vorzuweisen, ebenso wenig wie beim Kampf gegen illegale Straßensperren von Angehörigen der Sicherheitskräfte, die die Bevölkerung auspressen. Die im Juli gestarteten Entschädigungszahlungen an die Opfer der Krise nach den Präsidentschaftswahlen 2010/11 machen eher den Eindruck, dass die Regierung hier Wahlkampf betreibt anstatt tatsächlich an Fortschritten in der Aufarbeitung der Krise interessiert zu sein. Zudem geistert auch bei diesem Wahlkampf wieder das Gespenst des Artikels 35 herum, der die „Ivorität“ eines Präsidentschaftskandidaten verlangt und laut dessen einige die Kandidatur Ouattaras als grundsätzlich illegitim ansehen. Die hohe Wahrscheinlichkeit von Ouattaras Wiederwahl erschließt sich demnach auch nicht durch seine Beliebtheit oder seine gute politische Bilanz, sondern durch die Schwäche seiner politischen Gegner. Eine zweite Amtszeit Ouattaras wird dann wohl auch auf wenig Veränderung im Regierungsprogramm und eher ein weiter-so der bisherigen Politik bedeuten.
Auch wenn Ouattara’s Wiederwahl von vielen als relativ sicher angesehen wird, scheint er auch innerhalb den eigenen Reihen und ganz besonders beim Koalitionspartner PDCI nicht mehr ganz unumstritten zu sein. Einige unzufriedene Abtrünnige der PDCI, die sich zusammen mit Abtrünnigen der FPI und kleineren Parteien im Mai zu der Koalition für den Wandel (Coalition Nationale pour le Changement, CNC) zusammengeschlossen haben, schwächen Ouattara’s Regierungslager durch ihre eigenen Kandidaturen. Insbesondere zu nennen sind hierbei Kouadio Konan Bertin, der den Jugendflügel der PDCI hinter sich hat, sowie Charles Konan Banny, ehemaliger Premierminister und ein Urgestein der PDCI. Ebenfalls Teil der CDC, aber eher dem ehemaligen Gbagbo-Lager zuzurechnen, sollte auch noch Mamadou Koulibaly genannt werden, ehemaliger FPI-Vizepräsident und Präsident der Nationalversammlung, der für seine 2011 gegründete Partei LIDER als Kandidat antritt. Außerdem sollte noch der PDCI-Abrtrünnige Amary Essy erwähnt werden, ehemaliger Außenminister, der von den dem Zusammenschluss der einflussreichen, wohlhabenden Kakao-Bauern unterstützt wird.
Keiner von ihnen hat die Schlagkraft, Ouattara wirklich gefährlich zu werden, insbesondere weil die CDC es nicht geschafft hat, sich auf einen einzigen gemeinsamen Kandidaten zu einigen. Trotzdem kann ihre Nicht-Untersützung Ouattaras durchaus als eine signifikante Schwächung des Präsidenten gewertet werden. Ob die vielen freien Kandidaten der CDC auch tatsächlich für einen Politikwandel stehen und nicht nur versuchen, sich von ihren alten Parteien möglichst teuer zurückkaufen zu lassen, bleibt abzuwarten. Interessant wird insbesondere ihre Positionierung, sollte es zu einem zweiten Wahlgang kommen. Positiv zumindest ist zu vermerken, dass insbesondere durch die Annäherung ehemaliger PDCI- und FPI- Kader in der CDC die alten Gräben und die Polarisierung zwischen Pro-Gbagbo und Pro-Ouattara Anhängern nun überbrückbar erscheinen.
Größter Konkurrent von Ouattara ist der von der etablierten, ehemaligen Gbagbo-Partei FPI ins Rennen geschickte Pascal Affi N’Guessan. Mit N’Guessan scheint sich in der FPI vorerst der Flügel der moderaten „Realos“ durchgesetzt zu haben, der auf eine Zukunft der Partei ohne Laurent Gbagbo baut. N’Guessan verkündete seine Kandidatur offiziell am 8. August bei einer Versammlung im Palais de la Culture in Abidjan unter dem Motto „changement maintenant“. Aber obwohl N’Guessan und die FPI noch die größte Chance haben, Ouattara bei den Präsidentschaftswahlen ernsthaft etwas entgegenzusetzen, sind auch sie durch interne Richtungsstreits und Gezänk zwischen den „Realos“ und der Hardlinern, die Gbagbo trotz seiner Inhaftierung in Den Haag gerne als Präsidentschaftskandidaten der FPI sehen würden.
Und seit Neuestem gibt im Umfeld der ehemaligen Gbagbo-Anhänger und jungen Patrioten auch noch eine weitere Partei: von seiner Zelle in Den Haag aus wandelte Charles Blé Goudé die von ihm gegründete Jugendbewegung Cojep Mitte August in eine politische Partei um- die Abkürzung Cojep steht nun für Congrès panafricain pour la justice et égalité des peuples. Geführt wird sie während der Abwesenheit von Blé Goudé von Hyacinthe Nogbou, einem Universitätsprofessor. Zwar will Cojep noch nicht bei den Präsidentschaftswahlen 2015 antreten – dennoch bringt sie eine neue Dynamik in das Gbagbo-Lager und es wird interessant werden zu beobachten, wie sich diese neue Partei gegenüber der etablierten FPI positionieren wird. Eine Möglichkeit besteht darin, dass Cojep zu einem Auffangbecken der in der FPI verprellten Hardliner wird, die Gbagbo immer noch als wahren Präsidenten der Côte d’Ivoire sehen und Ouattara als Ausländer, der kein Recht auf das Präsidentschaftsamt hat, abstempeln. In den ersten Verlautbarungen hat Blé Goudé jedoch erst einmal zu einem inklusiven Dialog zwischen Regierung und Opposition sowie einem friedlichen Ablauf der Präsidentschaftswahlen aufgerufen.
Es bleibt also spannend in der ivoirischen Politik – nicht unbedingt wegen der Präsidentschaftswahlen an sich, sondern eher aufgrund der vielen neuen Dynamiken in der Parteienlandschaft.