
Burkina Faso: Unruhe in der Regierungspartei
Es war zu erwarten, dass es vor den Präseidenschftswahlen in 2015 zu größeren Machtverschiebungen und -manövern in der politischen Landschaft Burkina Fasos kommen wird. Die Unsicherheit, ob Präsident Blaise Compaoré der Verfassung zum Trotz doch noch einmal kandidieren wird, ein noch fehlender Nachfolger innerhalb der Regierungspartei CDP, eine zersplitterte Opposition: Eine Mischung, bei der politische Manöver vorprogrammiert sind.
Eine der ersten Folgen dieser explosiven Ausgangslage war nun der Austritt von 75 Kadern aus der Regierungspartei CDP. Darunter befinden sich der ehemalige Sprecher des Parlaments Salif Diallo und der Ex-Bürgermeister von Ouagadougou Simon Compaoré sowie der Ex-Präsident der Partei, Roch Marc Christian Kaboré. Viele von ihnen sind Gründungsmitglieder der CDP.
In einem an den Exekutivsekretär der CDP adressierten Brief begründeten die Abtrünnigen ihren Austritt mit der fehlenden Demokratie innerhalb der Partei, mit der auf Biegen und Brechen durchgesetzten Einsetzung des Senats und den Überlegungen, den Artikel 37 der Verfassung zu ändern, der die Anzahl der Mandate des Präsidenten limitiert. Interessantes Detail: noch 2009 war Roch Marc Christian Kaboré einer der lautstärksten Verfechter der Abschaffung des Artikel 37. In einem Interview wiegelte er jetzt jedoch ab mit dem Hinweis, dass er sich damals geirrt habe – mea culpa, jetzt hält er den Artikel 37 für absolut sinnvoll.
Interessant ist auch, dass unter denjenigen, die ihren Austritt bekannt gaben, keine Personen aus dem engsten Führungszirkel bzw. aus der aktuellen Regierung dabei sind. Es handelt sich hauptsächlich um ehemalige Spitzenleute und Kader aus der zweiten Reihe.
Das nationale Exekutivsekretariat der CDP reagierte auf die Austrittswelle mit einer Pressekonferenz, in der Assimi Kouanda, der Exekutivsekretär der CDP, die Austritte als „vollkommen unbedeutend“ bewertete und insbesondere ehemalige Postenträger als „undankbar“ bezeichnete. Warum dieses „vollkommen unbedeutende“ Ereignis eine Pressekonferenz wert war, ließ er allerdings offen.
Nach inoffiziellen Angaben haben die Abtrünnigen vor, ihre eigene Partei zu gründen. Dadurch würden sich die Machtverhältnisse in der Parteienlandschaft Burkinas wahrscheinlich deutlich verschieben. Profitieren würde von der Zersplitterung der Regierungspartei sicherlich die Opposition. Auch die Bürgerbewegung Balai Citoyen, die seit Monaten gegen den Senat und eine weitere Kandidatur von Blaise Compaoré auf die Straße geht, könnte durch diese Aktion Rückenwind bekommen.
Zynische Beobachter der burkinischen Innepolitk könnten allerdings auch argumentieren, dass zumindest einige der nun Ausgetretenen nicht wirklich an mehr Demokratie interessiert sind. Immerhin hatten sie während der letzten 26 Jahre keine Probleme mit dem paternalistischen Regierungsstil Compaorés, haben im Gegenteil sogar von ihm profitiert. Die angedrohte Spaltung könnte für Akteure wie Salif Diallo oder Roch Marc Christian Kaboré schlicht der Versuch sein, sich durch den dadurch entstehenden Druck wieder teurer in den engeren Führungszirkel der Regierung einkaufen zu lassen.
Unter den oppositionsnahen Burkinabé gab es zudem schon in der Vergangenheit Vermutungen, dass das Regime Compaoré gezielt versucht das Stimmpotential der Opposition durch Unterwanderung zu spalten. In diesem Sinne wäre eine neue Partei von ehemaligen CDP-Kadern ein trojanisches Pferd, das bei der Wahl Oppositionsstimmen einfängt, um dann im entscheidenen Moment wieder auf die Seite des Präsidenten wechseln würde. Das ist natürlich reine Spekulation, zeigt aber, wie desillusioniert die Burkinabé ihrem politischen System und seinen Akteuren gegenüberstehen.